MINDERN
STEP 2
SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN
Mix aus Strategien und Maßnahmen gefordert
In vielen Unternehmen und Kommunen wurden "klassische" Emissionsminderungsmaßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt. Hierzu zählt die Investition in effizientere Fahrzeuge, Anlagen und Pumpen, die Installation von Erneuerbaren Energien-Anlagen oder die energetische Optimierung von Beleuchtung und Lüftung in Gebäuden.
Als vielversprechende Mittel, um weitere Einsparpotentiale zu heben und vor allem schwer vermeidbare Emissionen zu adressieren, werden Schlüsseltechnologien wie Wasserstoff, die Elektrifizierung oder CCU eingestuft. Einige dieser Technologien müssen noch im industriellen Maßstab getestet werden. Weitere elementare Voraussetzung für deren Hochlauf ist die Verfügbarkeit Erneuerbarer Energien und der erforderlichen Infrastrukturen. Ferner müssen Lösungsansätze entwickelt werden, um den teilweise hohen Investitionskosten und langen Amortisationszeiten zu begegnen.
Letztendlich wird für die Transformation in Richtung Netto-Null ein Mix aus verschiedenen Strategien und Maßnahmen erforderlich sein.
WASSERSTOFF
Vielfältige Einsatzpotentiale
Wasserstoff – vor allem aus Erneuerbaren Energien hergestellter grüner Wasserstoff – wird als zentrales Instrument für die Dekarbonisierung eingestuft.
Das Gas eignet sich für verschiedenste Einsatzzwecke: Es kann in Brennstoffzellen oder als Basis für synthetische Kraft- und Brennstoffe als Energieträger verwendet werden. In der Chemieindustrie findet Wasserstoff u. a. Einsatz bei der Ammoniak- und Methanolsynthese. In der Stahlindustrie kann er anstelle von Kohlenstoff eingesetzt werden, um Eisenerze zu reduzieren und diese anschließend zu Stahl weiterzuverarbeiten
(sog. Carbon Direct Avoidance). Zugleich lässt sich Wasserstoff als Energiespeicher nutzen, indem er Erneuerbare Energien, die nicht direkt verwendet werden können, einspeichert.
CCS / CCU
Unvermeidbare Emissionen angehen
Die Technologien der CO2-Abscheidung und Speicherung (Carbon Capture and Storage – CCS) und der CO2-Abscheidung und Nutzung (Carbon Capture and Use – CCU) werden vor allem als Instrumente angesehen, um unvermeidbare Prozessemissionen zu adressieren.
Bei der CCS-Technologie werden energetische oder prozessbedingte CO2-Emissionen an der Quelle aufgefangen und z. B. in geologischen Gesteinsformationen verpresst bzw. gebunden. Mit der CCU-Technologie wird aus industriellen Prozessen abgeschiedenes CO2 in anderen Prozessen chemisch verwertet: Es kann z. B. zur Herstellung synthetischer Kraft- und Brennstoffe oder als Rohstoff für Produkte der chemischen Industrie wie Düngemittel oder Kunststoffe verwendet werden.
Möglich ist grundsätzlich auch eine Kombination von CCS bzw. CCU mit Bioenergie. Hierbei wird durch nachhaltig angebaute Biomasse CO2 aus der Atmosphäre entzogen. Die Biomasse wird zur Energiegewinnung verbrannt und das hierbei freigesetzte CO2 unterirdisch eingespeichert oder anderweitig genutzt.
ELEKTRIFIZIERUNG
Fossile Energieträger ersetzen
In der Elektrifizierung wird ein hohes Potenzial gesehen, fossile Heiz- und Kraftstoffe zu ersetzen.
Im Verkehrssektor erfolgt dies über den Ausbau der Elektromobilität, vor allem im PKW-Bereich. Auch zu elektrisch betriebenen Oberleitungs-Lkws finden Feldversuche statt.
In der Industrie kann die Erzeugung von Nieder- bis Hochtemperaturwärme auf den Einsatz von Strom mittels sog. Power-to-Heat-Anlagen umgestellt werden. Die Wärmeerzeugung kann über Elektro-, Elektrodenkessel oder Hochtemperaturwärmepumpen erfolgen. Auch strombasierte Industrie-Anwendungen wie Elektrolichtbogenöfen oder elektrolysebasierte Verfahren (z. B. bei der Ammoniakerzeugung) nehmen zu.
Beim Neubau von Gebäuden finden anstelle von Gas- und Ölheizungen zunehmend energieeffiziente Elektrowärmepumpen in Kombination mit Erneuerbaren Energien-Anlagen Einsatz.
BIOMASSE
Energetische und stoffliche Nutzung möglich
Biomasse kann sowohl in fester, flüssiger als auch gasförmiger Form zur Erzeugung von Wärme, Strom und Biokraftstoffen genutzt werden und fossile Energieträger wie Kohle und Gas ersetzen. Das bei der Verbrennung anfallende CO2 lässt sich beispielsweise als biogene Kohlenstoffquelle für die Produktion strombasierter synthetischer Gase verwenden.
Neben der energetischen Nutzung von Biomasse bietet sich für eine Vielzahl von Anwendungen eine stoffliche Verwendung an: So lässt sich Biomasse u. a. für die Herstellung von Farben und Lacken, Kosmetika, Bau- und Kraftstoffen oder Schmiermittel nutzen.
DIGITALISIERUNG
Megatrend als Klimaschutztreiber
Die Corona-Krise hat zu einem regelrechten Schub für die Digitalisierung im Betriebsalltag geführt und dazu, dass Digitalisierungsmaßnahmen in vielen Unternehmen zügiger als geplant vorangetrieben wurden: Die Pandemie hat zu einer breiteren Akzeptanz von Homeoffice geführt, wodurch sich das Pendleraufkommen verringern kann. Ggfs. werden auch "Post Corona" Veranstaltungen und Sitzungsbesprechungen vermehrt als Online-Formate abgehalten, was Geschäftsreisen zurückgehen ließe.
Auch Verkehrsnetze, Gebäude, Anlagen und Fahrzeuge werden durch die Digitalisierung intelligenter und damit auch energieeffizienter. Ebenso kann die digitale Vernetzung Erneuerbarer Energien-Quellen die Energiewende beschleunigen.
KREISLAUFWIRTSCHAFT
Re-Use und Re-Manufacturing als Schlüssel
Ein hohes Potenzial zur CO2-Minderung wird in der Wiederverwendung bereits erzeugter und verwendeter Materialen gesehen. Durch die Verlängerung bzw. das Schließen von Stoffkreisläufen über Re-Use und Remanufacturing kann die Ressourcen- und Energieeffizienz entschieden verbessert werden.
Voraussetzung für höhere Recyclingquoten sind u. a. Modifikationen bei der Produktgestaltung und eine entsprechende Demontage von Produkten am Lebenszyklusende. Ferner bedarf es einer Optimierung der Recyclinglogistik, die ebenfalls mit einem höheren Aufwand verbunden ist.
MATERIALEFFIZIENZ
Weniger ist manchmal mehr
Auch der effizientere Einsatz von Materialien kann zur CO2-Einsparung beitragen. Wird weniger Material benötigt, sinkt der Bedarf an neuen Anlagen sowie an benötigter Energie für Produktionsprozesse. Einen möglichen Ansatz stellt die Verringerung der Materialintensität von Produkten dar. In der Luft- und Raumfahrt, aber auch im Bausektor haben sich Leichtbauweisen zwischenzeitlich etabliert.
Durch die Anpassung von Produktionsprozessen und Produktdesign können Materialverluste bei der Herstellung vermieden werden. Diese müssen sonst energieaufwändig recycelt werden. Ferner kann die Materialeffizienz gesteigert werden, indem Produkte z. B. durch Sharing-Konzepte intensiver genutzt werden oder indem deren Lebensdauer verlängert wird.